Von: Laura Lindner (Mittelbayerische Zeitung)
INKLUSION: Klettern verbessert Motorik, Kraft und Ausdauer. Um MS Patienten dies zu erleichtern, spendete die Raiffeisenbank Spezialgriffe.
Lähmungen, Gefühlsstörungen, erhöhte Erschöpfbarkeit. Multiple Sklerose geht mit zahlreichen Symptomen einher, die auf den ersten Blick eines auszuschließen scheinen: sportliche Aktivität. Doch dieser Eindruck täuscht. Gerade Bewegung wirkt sich für die Betroffenen positiv auf ihre Erkrankung aus. Um den Sportlernmit Handicap das Klettern zu erleichtern, schaffte das DAV Kletterzentrum Regensburg Spezialgriffe an. Die Raiffeisenbank Regenburg ermöglichte dieses Projekt mit einer Spende von 2500 Euro.
Sport hilft Menschen mit Handicap
Regensburg, 26.03.2018

Bernhard Leibold ist Trainer und Routenbauer im Kletterzentrum der Deutschen Alpenverein Sektion Regensburg und kennt die Bedürfnisse der Handicap-Klettergruppen. Als Abschlussprojekt seiner Ausbildung zum Trainer im Bereich „Klettern für Menschen mit Behinderung“, hat es sich Leibold zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe spezieller Griffe und Tritte Routen zu bauen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen abgestimmt sind.
Spezialgriffe geben mehr Halt
Weil bei inklusiven Kletterrouten die Auswahl der Griffe und Tritte von besonderer Bedeutung ist, legte das Kletterzentrum ein großes Augenmerk auf die Formgebung, Größe und Ergonomie der neuen Spezialgriffe. „Außerdem wurde auf eine große Vielfalt und die passende Anordnung beim Einrichten der Routen an der Kletterwand gesorgt“, erklärte Andrea Gaßner, die ehrenamtlich in der MS-Kletter-Gruppe tätig ist. In ihrer Funktion bei der Regensburger Raiffeisenbank hat sie sich zudem um die Spende für den guten Zweck bemüht. Um den Spender zu würdigen, sind die neuen Spezialgriffe nun dreifarbig in den Logo-Farben der Bank.

Raiffeisenbankvorstand Hubert Platzer freute sich, dass er sich am vergangenen Samstag selbst ein Bild über das Ergebnis und die Kletterer in den inklusiven Routen vor Ort machen konnte. „Dieses Projekt ist gelebte Inklusion, die wir mit unseren Spendengeldern gerne unterstützen“, sagte Platzer.
Das genossenschaftliche Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe treibe die Raiffeisenbank immer wieder an, solche Projekte für die Menschen vor Ort auszusuchen und zu unterstützen. Getestet wurden die Routen von der Regensburger Gruppe gaMSstarkClimbing, die es seit dem Jahr 2010 gibt. Seitdem wird diese MS-Klettergruppe von Dr. Marit Möhwald geleitet.
Möhwald ist Sportklettertrainerin und Reha-Übungsleiterin mit dem Schwerpunkt Neurologie, wodurch sie die Teilnehmer professionell anleiten kann und das nötige Hintergrundwissen mitbringt. Insgesamt sechs Mitglieder hat der Kurs aktuell und „freut sich über alle Interessenten und neuen Mitglieder“, erklärte Gaßner. Jeder sei zu einem Schnupperklettern willkommen. Geklettert wird mit einer Seilsicherung von oben, wobei die Trainer und Helfer das Sichern übernehmen. Unterschiedliche Sicherungsstufen ermöglichen den Sportlern die notwendige Konzentration auf die einzelnen Bewegungen.

Dies sei besonders wichtig, um ein optimales, individuelles Kletterergebnis für jeden Teilnehmer zu bekommen, sagt Gaßner. Diese individuelle Betreuung ist besonders bei Menschen mit Multipler Sklerose, die auch den Namen „die Krankheit mit den 1000 Gesichtern“ trägt, wichtig. Keiner der betroffenen Teilnehmer hat die gleichen Beschwerden.
Krankheit mit 1000 Gesichtern
MS ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst. Sie ist dafür bekannt, eine große Bandbreite an Symptomen zu haben. Diese umfassen motorische Störungen wie Lähmungen in Beinen und Armen sowie Sehstörungen. Daneben kommen oft Gefühlsstörungen der Haut wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl vor. Außerdem können unterschiedlichste Beschwerden wie Blasenstörungen, Unsicherheit beim Gehen und „verwaschenes“ Sprechen auftreten.
Im Verlauf sind die Lähmungserscheinungen häufig mit einem Steifigkeitsgefühl, der sogenannten Spastik, verbunden. Daneben können Beschwerden eine wichtige Rolle spielen, die oft nicht gut fassbar und sichtbar sind. Dazu gehören eine vorzeitige Erschöpfbarkeit, Fatigue genannt, kognitive Störungen, Einschränkungen bei Merkfähigkeit und Konzentration, Depressionen, Schmerzen oder Schwindel.
Unsichtbare sowie sichtbare Symptome der Multiplen Sklerose können Erkrankte im Alltag in ihrer Eigenständigkeit und Handlungskompetenz stark beeinträchtigen und die Lebensqualität
einschränken. Von all diesen Beschwerden möchten sich die Teilnehmer der MS-Klettergruppe des DAV Kletterzentrums jedoch nicht die Lebensfreude nehmen lassen und kämpfen gegen die fortschreitende Krankheit an.
Über die neuen Griffe an der Kletterwand freuten sich alle: „Man hat einen guten Halt und besseren Tritt“, bestätigten sie nach den ersten Versuchen. Neben den therapeutischen Vorteilen wie der Verbesserung der Motorik, der Erhöhung von Kraft und Ausdauer sowie der Stärkung des Selbstvertrauens, schätzen die Mitglieder auch den sozialen Aspekt des gemeinsamen Kletterns. „In der Gruppe zu klettern macht viel Freude und man entwickelt immer wieder neuen Ehrgeiz“, sagte eine Teilnehmerin.
SPENDENÜBERGABE
Spende:
Mit 2500 Euro unterstützte die Raiffeisenbank Regensburg die Anschaffung von extra angefertigten Griffen. Diese erleichtern den Sportlern mit Multipler Sklerose den Aufstieg an der Kletterwand des DAV Kletterzentrums Regensburg. Unser Foto zeigt die Sportler der MS-Gruppe bei der Übergabe der neuen Griffe.
MS-Gruppe:
In der Klettergruppe für Menschen mit Multipler Sklerose gibt es noch freie Plätze und es besteht die Möglichkeit für ein Schnuppertraining.
Termine:
Die Kurse finden im 14-tägigenRhythmus statt:
Am 14. April, 21. April, 5. Mai, 19. Mai, 9. Juni und am 23. Juni sind die nächsten Termine.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung vom 26.03.2018